Kategorien
Meinung

Re-Industralisierung Frankreichs?

In Frankreich werden wieder Fabriken gebaut und Jobs im industriellen Sektor geschaffen. Die Financial Times sieht Frankreich daher wieder im Aufschwung. Aber ist das die Trendwende des industriellen Niedergangs Frankreich? Ich bleibe skeptisch, liegt doch nicht nur die Arbeitslosigkeit bei 9%, sondern auch das Wirtschaftswachstum bleibt nach Jahren der Stagnation hinter den Erwartungen und auch im globalen Vergleich zurück. Zugleich haben sowohl Hollande als auch Macron (bisher) wenig getan, um eine neue französische Industriepolitik anzustoßen. Die französische Industrie ist heute – im Vergleich zu jener jenseits des Rheins – nicht nur immer noch zu teuer und zu wenig produktiv, sondern auch zu wenig innovativ.

Ich sehe das Problem der französischen Industrie v.a. im Bereich von Innovationen und Forschung. Alain Lipietz hat in einem Beitrag, der 1998 auf Deutsch erschien, darauf aufmerksam gemacht, dass
hochspezialisierte Industrien deutlich häufiger in Hochlohnländer angesiedelt bleiben als standardisierte Industrien. Frankreich hat Ende der 1980er Jahre den Fehler gemacht, seine Industrieförderung („Colbertismus“) vollständig einzustellen, die Finanzialisierung der Wirtschaft voranzutreiben und zugleich nicht geschafft, das Bildungssystem zu reformieren. Zwar mag Frankreich im Innovationsranking (wo u.a. die Bonität der Länder mit einspielt) vor Deutschland und den USA liegen, jedoch liegt Frankreich (72,32 Patente) was die Anzahl der Patente pro eine Millionen Einwohner deutlich hinter Deutschland (123) und den USA (129) zurück. Zugleich ist die Anzahl der Patente in der Industrie in Deutschland nochmal deutlich stärker als in Frankreich.

Dies liegt auch daran, dass es in Deutschland einen breiten Mittelstand gibt, der in der Vergangenheit immer wieder Treiber von Innovationen war. Einen solchen Mittelstand gibt es in Frankreich aufgrund der spezifischen Industrieförderung zwischen 1945 und 1984 nicht, welche internationale Champions kreieren wollte. Schon gar nicht im Industriesektor, der bis in die 80er Jahre hinein stark reguliert war.

Die Überlegungen würden eine eigene Forschungsarbeit begründen, jedoch zeigt die kurze Überlegung, dass die Deindustrialisierung der französischen Wirtschaft nicht primär aufgrund der hohen Löhne und des komplizierten Arbeitsrecht erfolgt ist. Es ist eine unterkomplexe Begründung, die deutschen Exportüberschüsse einzig auf die niedrigen Löhne zu schieben und nicht die spezifische Struktur der deutschen Produktio

Jean François via Flickr.com, CC BY-ND 2.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-nd/2.0/)

n mitzudenken. Daher denke ich, dass der „Aufschwung“ in Frankreich v.a. im industriellen Sektor v.a. den globalen wirtschaftlichen Entwicklungen geschuldet ist und nicht als Zeichen einer langfristigen Re-Industralisierung gewertet werden kann.

Bildquelle: Jean François via Flickr.com, CC BY-ND 2.0